
Putschprozess gegen Brasiliens Ex-Staatschef: Anwälte fordern Freispruch für Bolsonaro

Im Putschprozess gegen den brasilianischen Ex-Präsidenten Jair Bolsonaro haben seine Anwälte einen Freispruch gefordert. "Ein Freispruch ist zwingend erforderlich, damit wir nicht unsere Version der Dreyfus-Affäre haben", sagte Bolsonaros Verteidiger Paulo Cunha Bueno am Mittwoch vor dem Obersten Gerichtshof. Er bezog sich damit auf den berühmten Fall des jüdischen französischen Militäroffiziers, der 1894 zu Unrecht wegen Verrats verurteilt worden war.
Die "Glaubwürdigkeit" des Obersten Gerichtshofs stehe auf dem Spiel, sagte Bolsonaros Anwalt. Der Ex-Präsident habe "niemals den demokratischen Rechtsstaat angegriffen". Die Verteidiger des 70-Jährigen beklagten zudem "unzählige Widersprüche" in den Aussagen des Kronzeugen Mauro Cid, eines ebenfalls angeklagten früheren Mitarbeiters Bolsonaros.
Die Staatsanwaltschaft wirft Bolsonaro vor, er habe mit einem Putsch das Ergebnis der Präsidentschaftswahl 2022 kippen wollen, die er gegen den linksgerichteten heutigen Staatschef Luiz Inácio Lula da Silva verloren hatte.
Nach Überzeugung der Anklage hatte der rechtsextreme Politiker nach seiner Wahlniederlage geplant, in Brasilien den Ausnahmezustand zu verhängen und Neuwahlen anzusetzen - allerdings nicht die Unterstützung der Militärführung gewinnen können. Zudem soll er von Plänen zur Ermordung von Lula, Vizepräsident Geraldo Alckmin sowie Richter Alexandre de Moraes gewusst haben.
Richter Moraes hatte am Dienstag zu Beginn der Urteilsberatungen des Obersten Gerichts gesagt, Bolsonaro habe die Einrichtung einer "Diktatur" in dem südamerikanischen Land angestrebt.
Bolsonaro weist alle Vorwürfe zurück und bezeichnet sich selbst als Opfer politischer Verfolgung. Seine Verbündeten sehen in dem Prozess ein abgekartetes Spiel und hoffen darauf, dass der brasilianische Kongress eine Amnestie für Bolsonaro erlässt und ihn so vor dem Gefängnis bewahrt.
Der Prozess gegen Bolsonaro führte zu diplomatischen Verstimmungen zwischen Brasilien und den USA. Die US-Regierung des Bolsonaro nahestehenden Präsidenten Donald Trump hatte gegen Moraes persönlich Sanktionen verhängt - und Zölle in Höhe von 50 Prozent gegen Brasilien erlassen.
Neben Bolsonaro sind sieben weitere Menschen angeklagt, darunter mehrere frühere Minister und Generäle. Es ist das erste Gerichtsverfahren in Brasilien wegen Putschvorwürfen gegen einen früheren Präsidenten. Mit den Urteilen wird bis zum 12. September gerechnet.
A.Harris--SMC